Dass man das mittelalterliche Nationalepos um Siegfried den Drachentöter, die Nibelungen und Kriemhild sowie Gefährten auch vollkommen anders und vor allem sehr unterhaltsam interpretieren kann, bewies der Projektkurs der Jahrgangsstufe 12 des Gymnasiums Schloss Wittgenstein am letzten Dienstag.
In der bis auf den letzten Platz besetzten Aula wurden die Zuschauer mit der Tragikomödie „Die Nibelungen. Eine Gaunerkomödie“ von Danilo Fioriti aufs beste unterhalten. Unter Leitung von Lehrerin Karin Leser hatten die Schülerinnen und Schüler ein Schuljahr an dem Stück intensiv geprobt. Und das Ergebnis konnte sich sehen lassen! Zur Handlung:
Die drei Hexen Baumhild (Lorena Martin), Asthild (Dragana Nadj) und Zweighild (Melis Cilingir) lauern im mittelalterlichen Odenwald den Durchreisenden auf. Mit viel Hokuspokus verwirren sie ihnen die Sinne, verkaufen ihnen unnützes Zeug oder rauben sie aus. Doch sehr lukrativ ist der Job nicht. So beschließen sie, an die Burg Worms zu wechseln, eine davon in der Kleidung Dietrich von Berns (David Neuser), dem sie eben für längere Zeit die Sinne vernebelt haben. Sie wollen sich auf Burg Worms den sagenhaften Nibelungenschatz unter den Nagel reißen. Die zweite Hexe heuert als Knappe bei Siegfried (Jan Kuhli) an, die dritte wird Zofe Kriemhilds (Johanna Gremler).
Die drei sind immer dabei: wenn Übermutter Ute (Laura Tutlewski) ihre Söhne Gernot (Katharina Rother und Lara Zeuge) und Tochter Kriemhild niedermacht, wenn es schließlich nach Burg Isenstein geht, wo das Weichei Gunther (Nadine Schmidt) kläglich an Brunhild (Madita Hanßmann) scheitert und Siegfried durch eine List die Königin bezwingt, wenn Kriemhild sich beim Volk einschmeichelt, immer darauf achtend, dass die Boulevard-Presse zugegen ist, wenn der düstere Hagen (Vincent Dern) seine Intrige gegen den untadeligen Supermann Siegfried schmiedet und dazu Asthild, den Knappen Siegfrieds, zum Verrat der verwundbaren Stelle auf Siegfrieds Rücken zwingt.
Am Hof in Worms beginnt ein Spiel um Liebe, Eifersucht und Eitelkeiten, in dem nicht nur der Chef der Nibelungen Alberich (Ann-Kathrin John) und seine zwielichtigen Zwerge Roglom (Leonie Weber) und Ogrim (Emine Barak) ihre Fäden ziehen, sondern auch die drei Hexen. Doch den Schatz bekommen die drei Hexen trotzdem nicht, denn so witzig und auch zeitgemäß diese Theaterfassung ist, das Ende ist so tragisch wie bekannt: Siegfried muss durch eine Intrige sterben.
Überzeugten die Hauptrollen schon alle und waren stimmig und großartig besetzt, so begeisterten auch die vielen Nebenrollen: Als Vertreterinnen des Wormser Volkes traten Selina Buhl, Kathrin Radomski und Vivien Kohlberger auf, letztere moderierte auch die Szenenwechsel. Als Angestellte des Hofes sorgten Linda Simmer als Zofe und vor Angela Bernhardt als Ausrufer der Burg mit französischem Akzent sowie Ephraim Espeter als Gernots Gehilfe für spaßige Momente. Es gab darüber hinaus stattliche Ritter wie Leonie Kreß und mit Ida Feuring, Sarah Weigand, Anna-Sophie Lehmann wirklich imposante Walküren.
Das Publikum erlebte an diesem Theaterabend ein Wechselbad der Gefühle: Es gab eine wunderschöne Gesangsdarbietung von Melis Celingir, begleitet von Ephraim Espeter am Klavier. Witzige Szenen wechselten in rascher Folge mit tragischen, vor allem die Schlussszene, der Tod Sigfrieds, berührte die Zuschauer.
Die Schüler Sven Odo Wunderlich und Xaver Herrmann hatten sich speziell um die Bühnentechnik gekümmert und durch Hintergründe, Video-Einspieler und Sound-Effekte eine besondere Atmosphäre geschaffen. Unterstützt wurden sie von den Schülern Benedikt Wille, Paul Gemmecke, Philipp Röther und Lukas Theofel der Technik-AG unter Leitung von Klaus Hofmann, sodass für eine stimmungsvolle Beleuchtung der Bühne und für eine einwandfreie Akustik gesorgt war.
Unter der Leitung von Lehrerin Karin Leser hat der Kurs das äußerst anspruchvolle und textlastige Stück mit einer unglaublichen Spielfreude umgesetzt. Die Gesamtspieldauer des Stücks betrug 110 Minuten, was den Spielern eine enorme Leistung abverlangte. Die professionell wirkenden Schauspieler beherrschten ihre umfangreichen und äußerst schwierigen Textpassagen jedoch bravourös und glänzten mit perfekt vorgetragenen Einsätzen und Szenenwechsel.
Viel Zeit und Kraft haben Karin Leser und ihr Kurs in die Proben und Vorbereitungen investiert – mit Erfolg: Es war eine überaus gelungene Produktion, die beim Publikum sehr gut ankam und auch nach der Aufführung noch für Begeisterung sorgte. „Ich bin sehr stolz auf euch“, lobte der sichtlich beeindruckte Schulleiter, Christian Tang.
Mit riesigem Applaus wurden alle Mitwirkenden am Ende für ihre überragenden Leistungen belohnt.