In Bad Laasphe erinnert kaum mehr etwas an die jüdische Gemeinde, die es vor dem 2. Weltkrieg an der Lahn gegeben hat. Aber es gab sie genauso wie ihre Feinde und Verfolger. Nach den Deportationen in die Konzentrationslager und der Flucht der letzten Juden aus Bad Laasphe hat es lange gedauert, bis man mit einer Spurensuche begann. Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, die Einsicht, dass Gewalt nicht nur woanders stattgefunden hatte.
Aber genau darum ging es Laura Tutlewski aus der Klasse 10 d der Realschule Schloss Wittgenstein in Bad Laasphe und ihrer Geschichtslehrerin Petra Schuppert: Sehen, was war. Herausfinden, warum es so war. Und suchen, was übrig blieb vom jüdischen Leben in Bad Laasphe.
Laura hat Daten gesammelt für ein Referat: „Nationalsozialismus in Bad Laasphe“. Sie hat Material gesucht, um das abstrakte historische Gerüst in den Geschichtsbüchern anschaulicher zu machen. Sie hat sich mit Rainer Becker, dem Vorsitzenden des „Christlich-Jüdischen Freundeskreises“ in Bad Laasphe in Verbindung gesetzt. Und sie ist mit der ganzen Klasse in die Stadt gegangen.
Rainer Becker hat ihnen gezeigt, wo der jüdische Friedhof ist. Sie wissen jetzt, dass eine alte Werkstatt in der Altstadt früher die örtliche Synagoge war. Und sie haben die „Stolpersteine“ gesehen. Metall-Pflasterblöcke mit Namen und Daten vor Häusern, in denen früher jüdische Familien wohnten, Max Präger zum Beispiel. Er und vier weitere Familiemitglieder wurden deportiert. Er starb schließlich in einem Konzentrationslager. In Bad Laasphe wurde nachträglich zum Gedenken eine Straße nach ihm benannt. Ein Bruder hat den Holocaust überlebt und ist sogar aus Israel zu Besuch nach Bad Laasphe angereist.
Es gibt also wieder Verbindungen. Dazu gehört auch, dass die Realschule Schloss Wittgenstein seit einigen Jahren eine Partnerschaft mit einer Schule in Israel unterhält. Schüler aus Wittgenstein und aus dem Hinterland reisen nach Israel. Israelische Jugendliche lernen eine für sie völlig andere Welt in Bad Laasphe kennen.
Das ist heute. Aber die Zeit vor mehr als 70 Jahren wirkt immer noch nach. Sie ist der Grund dafür, dass das Verhältnis zu Israel und zu jüdischen Mitbürgern hier manchmal immer noch nicht so selbstverständlich ist wie zu „den Nachbarn um die Ecke“.
Laura Tutlewski hat es nicht nur bei beschriebenem Papier für einen Vortrag belassen. Sie hat sich und ihren 23 Mitschülern in Bad Laasphe zeigen lassen, welche Spuren es noch gibt. Das sei eindringlicher gewesen, sagt sie, als der übliche Unterricht weit weg von den Orten, an denen Geschichte passiert ist.