Junge Fahrer zwischen 18 und 24 Jahren verursachen etwa zweieinhalb mal so viele Verkehrsunfälle mit schweren Folgen als der Durchschnitt der Autofahrer. Die Kreispolizeibehörde weiß in diesem Zusammenhang von 114 Todesfällen. Von insgesamt 550 Getöteten waren 98 junge Fahrer. Das war 2010. Aber auch heute ist die Lage immer noch ähnlich. Deshalb geht die Kreispolizeibehörde mit der Aktion „Crashkurs NRW“ an die Schulen und an die Öffentlichkeit. Rund 150 Schülerinnen und Schüler aus den Klassen 10 der Realschule Schloss Wittgenstein und des Gymnasiums Schloss Wittgenstein haben jetzt ein einer solchen Veranstaltung im Bad Laaspher Haus des Gastes teilgenommen.
Vorab hatte die Polizei die Schüler gebeten, ihre Lebensziele auf Luftballons zu schreiben. Die Ballons wurden eingesammelt, vor die Bühne getragen – und einige sind mit lautem Knall geplatzt: Unfälle stoppen Pläne sehr plötzlich. Besonders, wenn es schwere Unfälle sind. Und Jugendliche haben öfter schwere Unfälle als andere Fahrer. Sie sind eine Straßenverkehrs-Risikogruppe, für andere, aber auch für sich.
Man wolle nicht mit erhobenen Zeigefinger predigen, dass Vorsicht zum Verkehr gehöre, heißt es in einer Information der Polizei für Eltern. Predigen hilft wenig. Statt dessen ging’s beim Crashkurs um harte Fakten: Fotos von tödlichen Unfällen in der Region. Bilder von Füßen in Turnschuhen unter einer Abdeckplane. Berichte und persönliche Erfahrungen von Rettungssanitätern, Feuerwehrleuten, von Polizisten, von Notärzten.
Wie ist das, wenn man einer Haustür klingelt und sagen muss, dass dort Sohn oder Tochter tödlich verunglückt sind? Es gab Eindrücke und Fotos aus erster Hand. Gefühl war Absicht. Betroffenheit sollte sein. Es war still im Saal. Es gab Applaus für Einsatzkräfte. Und es gibt die Hoffnung, dass mehr hängen bleibt in den Köpfen der künftigen Verkehrsteilnehmer als nach bloßen Warnungen.
Niemand war gezwungen, die Veranstaltung durchzustehen. Vor allem solche Jugendlichen nicht, die womöglich Erfahrungen mit schweren Unfällen, Tod oder Selbstmord hatten. Für den emotionalen Krisenfall stand psychologische Betreuung bereit. Die Eindrücke werden von den Schulen noch einmal aufgearbeitet.
Die Lehrer haben gleich nach den Bildern und Schilderungen damit angefangen:
Jeder Schüler aus den Klassen 10 der Realschule Schloss Wittgenstein hatte vor der Veranstaltung seine Adresse auf einen „schulamtlichen“ Briefumschlag geschrieben und ein unbeschriebenes Blatt eingelegt.
Nach der Veranstaltung sollten persönliche Eindrücke notiert werden. Die wieder verschlossenen Umschläge wurden eingesammelt. In einigen Tagen oder Wochen bekommen die Schüler und Schülerinnen Post von ihrer Schule. Es ums Nicht-Vergessen. Es geht um ein großes Ziel: Sehr viel weniger Unfälle.

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