Auch in diesem Jahr fuhren die beiden GSW-Religionslehrer mit 30 Schülerinnen und Schülern der Q1 nach Berlin, um hier die jüdisch-orthodoxe Gemeinde zu besuchen, zu der seit 2010 mittlerweile ein enger freundschaftlicher und herzlicher Kontakt entstanden ist.

Dieses Jahr gab es allerdings ein kleines Jubiläum, denn bereits zum zehnten Mal seit 2010 unternahmen die beiden Religionslehrer, nur unterbrochen durch die Pandemie, mit ihren Schüler*innen diese Reise nach Berlin.

Zum Berlinprogramm gehörte am ersten Exkursionstag der Besuch eines jüdisch-orthodoxen Gottesdienstes in der Synagoge in der Joachimstaler Straße. Wie streng hier die Sicherheitsvorkehrungen sind, erfuhren die Jugendlichen am eigenen Leib: Vor dem Betreten der Synagoge stand eine Sicherheitskontrolle durch Polizeibeamte und durch die Security der Gemeinde an. Im Vorraum der Synagoge wurden die Besucher von Rabbiner Yitshak Ehrenberg begrüßt.

Zu Beginn des Gottesdienstes mussten sich alle Schülerinnen in den durch eine Gitterwand abgeteilten hinteren Teil der Synagoge begeben, da Frauen und Männer nach dem jüdisch-orthodoxen Ritus getrennt Gottesdienst feiern, der auf Hebräisch gehalten wird, wobei es üblich ist, während des Gebetes umherzulaufen.

Im Anschluss an den Gottesdienst erklärte Rabbiner Yitshak Ehrenberg die Thorarolle und nahm sich viel Zeit für ein Gespräch mit den Schülerinnen und Schülern, die sich im Vorfeld zahlreiche Fragen überlegt hatten.

Der Rabbiner stellte heraus, dass es weder Christentum noch Judentum oder Islam gab, als Gott den Menschen schuf. Alle Menschen seien Geschöpfe Gottes, egal welcher Religion sie angehören.

Der Rabbiner war beeindruckt, da das Gymnasium Schloss Wittgenstein die einzige Schule sei, die von so weit her anreise, um das Gespräch zu suchen. Viele Berliner Schulen würden diese Gelegenheit nicht nutzen. Dabei sei dieser Dialog ein wichtiger Beitrag gegen Rassismus und Antisemitismus.

Am folgenden Tag besuchte die Gruppe das jüdische Museum in Berlin und den Deutschen Bundestag.

Am letzten Exkursionstag Tag stand der Besuch des ehemaligen Gestapo- und späteren Stasiuntersuchungsgefängnisses „Lindenstraße“ in Potsdam auf dem Programm. Dort sind in einem Hinterhof eines unscheinbar wirkenden Hauses noch sämtliche Gebäude mit Zellen und Verhörräumen erhalten.

Die Gedenkstätte in Potsdam würdigte das jahrelange Engagement der Schule und den mittlerweile zehnten Besuch durch Religionskurse des GSW mit einer Urkunde. „Dass wir seit 2010 die Gedenkstätte in Potsdam besuchen und 500 Kilometer Fahrt auf uns nehmen, hat die Verantwortlichen vor Ort sehr beeindruckt“, waren sich Friedhelm Koch und Wolfgang Henkel einig.

Ein ehemaliger Untersuchungshäftling der Stasi führte die Schülerinnen und Schüler durch „sein“ Gefängnis und berichtete eindringlich von seinen Erfahrungen: Die Häftlinge erfuhren zunächst nicht den Grund ihrer Verhaftung. Sie wurden nicht mehr mit Namen angeredet, sondern nur mit der ihnen zugewiesenen Nummer. Zudem gab es Schlafentzug. Selbst der Freigang fand in einer Zelle statt, die nach oben offen war. „Die Menschen wurden gehalten wie Massentiere. Vollkommen entmenschlicht“, schilderte Antonie Guette, Q1, ihr Eindrücke

So verdeutlichte der ehemalige Häftling den Schülerinnen und Schülern die Mechanismen einer Diktatur und forderte sie auf, wachsam zu sein gegenüber antidemokratischen Strömungen in der Gesellschaft, damit sie auch in Zukunft in Freiheit leben können. „Wir wissen jetzt zu schätzen, was wir an unserer Demokratie und unserer Freiheit haben“, betonte Tunahan Yokaribas, Q1.

Insbesondere der Besuch des jüdischen Gottesdienstes und des ehemaligen Stasi-Gefängnisses hat die Jugendlichen sehr beeindruckt und ihnen intensive, neue Erfahrungen und Eindrücke vermittelt.

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