Berlin hat Bonn als Bundeshauptstadt abgelöst. Aber das Bundesverteidigungsministerium auf der Hardthöhe ist dort geblieben. Das große Gelände wirkt auf den ersten Blick wie ein Bonner Stadtteil – und ist doch nach außen streng abgeschirmt. Die Jungen und Mädchen aus den vier 10. Klassen der Realschule Schloss Wittgenstein und ihre Begleiter durften hinein: sie sind auf Einladung des Bundeswehr-Jugendoffiziers in Siegen mit „hundert“ Personen auf die Hardthöhe gefahren.
Beinahe zwölf Stunden waren die Schüler aus Wittgenstein und Hessen mit ihren Lehrern an jenem Freitag unterwegs. Die Reise wurde gut vorbereitet: Oberleutnant Sebastian Linke hatte die Klassen einige Zeit zuvor besucht und dargestellt, wie die Bundeswehr „funktioniert“ und wozu sie da ist.
Er hat die Wittgensteiner „Hundertschaft“ auf der Hardthöhe empfangen – und aufgeteilt. In zwei Vorträgen ging es unter anderem um die Sicherheit in der Ukraine. Das Land kommt nicht zur Ruhe. Abkommen sind brüchig. Es kämpfen verschiedene Gruppen gegeneinander und mit Erstaunen haben die Schüler erfahren, dass nach Kenntnis des Verteidigungsministeriums auch rund 100 Deutsche zu den Freischärlern in der Ostukraine gehören. 
Unklar scheint, welche Rolle die Bundeswehr spielen wird. Der Westen hat sich seit Ende des Kalten Krieges nach Osten ausgedehnt. Es gebe in Russland das unterschwellige Gefühl einer Bedrohung und deshalb auch Mißtrauen. Die USA haben Waffenlieferungen in den Raum gestellt. Die Herkunft vorhandener Waffen sei nicht immer eindeutig und es gebe Überlegungen für eine schnelle Eingreiftruppe, zu der auch Soldaten der Bundeswehr gehören würden. Möglicherweise, haben die Jugendlichen gelernt, sei Frieden nicht mehr so selbstverständlich wie in den letzten beiden Jahrzehnten.
Für’s Mittagessen hatte das Verteidigungsministerium zur „Italienischen Woche“ geladen. Das tue sie bei jugendlichen Gästen immer, hieß es. Nach Nudeln mit Bolognese- oder Sahnesoße ging es zum Nachmittagsprogramm: Im Haus der Deutschen Geschichte führt ein Rundgang durch 70 Jahre Nachkriegszeit. Vom US Willies-Jeep über Care-Pakete in DC 3-Rosinenbombern bis zum Wirtschaftswunder mit Mopeds, Messerschmidt-Kabinenrollern und den ersten Gastarbeitern – Geschichte muss nicht trocken sein. Ein Wasserwerfer aus den unruhigen 60er Jahren, der Ford-Transit für die Tour auf dem Autoput nach Anatolien, die Kaffee- und Eisbar, Schaufensterm it Nierentisch und Tütenlampen oder die Zuwanderungswellen und die Vereinigung mit der DDR – die zweistündigen Führungen gingen spannend schnell vorbei. Und sie haben Eindruck hinterlassen. Mindestens zwei Botschaften sind angekommen. Wie Jugendliche heute leben können, hat auch zu tun mit überregionaler Politik und viel Arbeit der Generationen vorher. Und, Wohlstand ist nicht selbstverständlich. 

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